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Wohldosierter Zeitplan - Pflegeversicherung wird teurer

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Kaum eine Woche nach der Ankündigung, dass die Krankenversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Kassen (GKV) künftig weniger kosten wird, lässt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine andere Katze aus dem Sack. Die großmundig angekündigte Vergünstigung kommt bei den GKV-Versicherten nicht an, sondern wird zumindest zu einem gehörigen Teil in die gesetzliche Pflegeversicherung umgeleitet. „Leider lässt die gerade angekündigte Verteuerung der Pflegeversicherung um 0,3 Prozent ab Januar 2019 von den Ersparnissen durch die Aufteilung der Zusatzbeiträge auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer keinen anderen Schluss zu“, sagt Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de. „Nur bei 97 Kassen, die mehr als 0,6 Prozent Zusatzbeitrag erheben, bleibt ab nächstem Jahr etwas im eigenen Geldbeutel hängen.“ Dem Kassenexperten zufolge kostet die Pflegeversicherung künftig 2,85 Prozent, kinderlose Bürger müssen ab 2019 dann 3,1 Prozent bezahlen. Rentner müssen den vollen Satz allein zahlen, Beschäftigte teilen sich die Beiträge mit dem Arbeitgeber.

Pflege verteuert sich von Jahr zu Jahr
Zwangsläufige Folge der bisherigen Reformen

Durch die Ausweitung der Leistungen und der Anspruchsberechtigten wird die Pflegekasse trotz Rekordeinnahmen infolge der hohen Beschäftigung ihr Defizit in diesem Jahr wohl verdreifachen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, werden die Miesen statt wie erwartet auf eine Milliarde Euro nunmehr auf mindestens 3,1 Milliarden Euro eingeschätzt. Damit wären die zum Jahresbeginn 2018 ausgewiesenen Reserven (7 Mio. Euro) bereits fast zur Hälfte aufgezehrt. Zu den großen Kostentreibern zählen die höheren Rentenbeiträge und Sozialleistungen für pflegende Angehörige (700 Mio.) und die um 1,1 Milliarden Euro teurer als erwartet ausgefallene Umstellung auf fünf Pflegestufen. Während Ende 2016 noch erst 2,95 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, steigt die Zahl der Empfänger bis Jahresende 2018 voraussichtlich auf knapp 3,5 Millionen an. Wie Thomas Adolph ergänzt, kommen dazu noch Ungereimtheiten in der Bezahlung ambulanter Betreuung: „Durch die geschickte Kombination von Leistungen können dann bis zu 3500 Euro Kosten im Monat anfallen. Das ist in vielen Fällen mehr als die stationäre Pflege kostet.“

Harsche Kritik seitens der Arbeitgeber
Wissenschaftler monieren Blauäugigkeit

Die Ankündigung treibt die Arbeitgeber auf die Barrikaden. „Die Bundesregierung handelt nach dem Prinzip „Linke Tasche, Rechte Tasche“, schimpfte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände Steffen Kampeter. Die Bundesregierung handele in den Sozialversicherungen bislang ohne Plan. Kampeter: „Die Politik muss endlich ein Gesamtkonzept vorlegen, wie die Sozialbeiträge bei maximal 40 Prozent gedeckelt werden können, wie das Horten von Geld in der Arbeitslosenversicherung beendet und die Finanzierungsnot der Rentenversicherung ohne neue Leistungsausweitungen gelindert werden kann und den Beitragszahlern immer neues Beitrags-Jojo erspart bleibt.“

Kritik gibt es auch aus der Wissenschaft. Zu den permanenten Warnern gehört Prof. Bernd Raffelhüschen. Der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg hält die Pflegeversicherung für eine Zeitbombe: Raffelhüschen im Focus-Interview 2016: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in Zukunft zwei bis zweieinhalb Mal so viele Pflegefälle gibt wie jetzt. Das ist noch vorsichtig geschätzt, denn je weiter die Lebenszeit steigt, desto mehr Pflegejahre werden wir auch haben.“

Der Trend wird im Rückblick deutlich. Laut Handelsblatt betrugen die Ausgaben 1995 als die Pflegeversicherung 1995 eingeführt wurde, um das Risiko der Pflegebedürftigkeit im Alter verpflichtend abzusichern, „nur“ fünf Milliarden Euro. Für das laufende Jahr wird mit 40,83 Milliarden Euro gerechnet. Adolph fasst daher zusammen: „Die Kostenexplosion ist Ausdruck einer alternden Gesellschaft, aber auch von politischen Entscheidungen.“ Der Kassenexperte hält es daher die Prognosen des Bundesgesundheitsministeriums (BGM) nicht für in Stein gemeißelt. Wie das Ärzteblatt berichtet hatte, geht BMG davon aus, dass die gesetzliche Pflegeversicherung infolge der geplan­ten Beitragssatzerhöhung bis zum Jahr 2022 kein erneutes Defizit aufbauen werde. Adolph: „Viele der im Koalitionsvertrag vorge­sehenen Maßnahmen im Bereich der Pflege sind noch nicht einbezogen.“ Speziell die Bezahlung und Ausbildung der Pflegekräfte könne in Zukunft dafür sorgen, dass die Kosten noch gehörig aus dem Ruder laufen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erläutert den erhöhten Pflegeversicherungs-Bedarf (Quelle: www.youtube.com)

Artikel in der FAZ vom 14. Juni 2018 (Quelle: www.faz.net)

Die Pflegeversicherung wird zum Sprengsatz (Quelle: www.insm-oekonomenblog.de)

Ärzteblatt vom 14. Juni 2018 (Quelle: www.aerzteblatt.de)

 

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