Das Bäumchen-Wechsele-Dich-Spiel hat in der Krankenversicherung strenge Regularien. Erst kann nur in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln, wer mehr verdient als die Jahresarbeitentgeltgrenze (JAEG). Der Weg zurück ist nur erlaubt, wenn Angestellte dahinter wieder zurückfallen und pflichtversichert werden – Freiberufler haben sogar noch deutlich höhere Hürden zu nehmen. Für Personen über 55 Jahren ist ein Wechsel seit der Gesundheitsreform des Jahres 2000 nahezu ausgeschlossen. „Damit verhindert der Gesetzgeber, dass ein Teil seiner Bürger erst einmal die Vorteile der privaten Versicherung (PKV) mitnimmt und dann, wenn die anfangs sehr günstigen Beiträge steigen auf die späte in vielen Fällen günstigere GKV ausweicht“, erläutert Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de.
Neue Rentner-Regelung berücksichtigt Elternzeiten
90- Prozent-Regel wird weniger strikt behandhabt
Um bei Rentenantritt in die gesetzliche Krankenversicherung zurückwechseln zu können muss ein zu diesem Zeitpunkt privat Versicherter in der zweiten Hälfte seines Berufslebens die 9/10-Regel erfüllen. „Das bedeutet, dass er in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens mindestens 90 Prozent in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert, freiwillig versichert oder familienversichert war“, präzisiert der Krankenkassen-Experte. Adolph. „Und hier greift ab 1. August eine Neuregelung. Seither werden für jedes Kind pauschal drei Jahre als Vorversicherungszeit für Krankenversicherung der Rentner (KVdR) angerechnet.“ Besonders vorteilhaft sei, dass die fiktive Anrechnungszeit für beide Elternteile gilt. Da das Gesetz eine Pauschalregelung ist, ist es unerheblich, wann die Kinder geboren und erzogen wurden, die Kindererziehungszeiten sind generell immer auf die Vorversicherungszeit der zweiten Hälfte des Erwerbslebens anzurechnen.
Throulf Müller zum Zugang von Rentnern in die KVdR (Quelle: www.pfefferminzia.de)
Mitgliedschaft in der KVdR sichern (Quelle: rentenbescheid24.de)
Altanträge revidieren, Neuanträge korrigieren
Kinderzeiten werden nicht automatisch erfasst
Die Neuregelung hilft vornehmlich Bürgern, die wegen der Kinder nicht mehr arbeiten gehen konnten und damit den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz verloren haben, entweder weil die freiwilligen Beiträge zu teuer waren oder weil der Ehepartner über seine private Krankenversicherung einen preiswerteren Familienschutz vereinbarte. „Die Betroffenen merken erst wenn sie den Rentenantrag stellen, die Nachteile“, sagt Adolph. Denn dann fehlen diese Zeiten der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung um in die günstigere Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner zu kommen.
Die neue Regelung steht in Paragraf 5 Nummer 2 des HHVG und lautet: „Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (Paragraf 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet.“ Die elternfreundliche Regelung ist wie Thomas Adolph hinweist im Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung zu finden und wird nicht automatisch angewendet. Adolph: „Man darf sich nicht darauf verlassen, dass die Rentenämter bereits über die notwendigen Informationen verfügen.“ Der Fragebogen sei zwar mittlerweile umgestellt und erfasse auch Elternzeiten, „doch die Regelung kann auch für „frische“ Rentner oder solche in der Übergangsphase vorteilhaft sein. Sie betrifft auch die aus verschiedenen Gründen freiwillig in der GKV versicherten Rentner“, sagt der Krankenkassen-Experte. In diesem Fall müsse man individuell einen Antrag auf Überprüfung bei der zuständigen Krankenkasse stellen. Hilfreich sei, entsprechende Nachweise wie die Geburtsurkunden, damit die Prüfung durch die Kassen reibungslos erfolgen kann.
Bundesgesetzblatt Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung