Mit einem neuen Urteil hat das oberste deutsche Finanzgericht in München alle überrascht: Die Richter haben den Fiskus zu einer für die Steuerpflichtigen günstigeren Berechnung der außergewöhnlichen Belastungen verdonnert. „Das ist eine gute Nachricht für alle Beteiligten am Gesundheitsmarkt“, kommentiert Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de. „In der Regel bilden die Ausgaben für Krankheit, Pflege und Betreuung hierbei den größten Kostenblock.“ Dem Urteil zufolge darf „nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet“ werden. „Im Klartext heißt das, dass der zumutbare Eigenanteil künftig nicht mehr – gestaffelt nach Einkommen – pauschal mit einem Prozentsatz taxiert werden kann“, erläutert der Experte. Es gelten bis zur ersten Schwelle (15 340 Euro) der für diesen Haushalt niedrigste Satz, die Spanne von 15 340 bis 51 150 Euro darf nur mit dem mittleren Prozentsatz als zumutbarer Eigenanteil erfasst werden und erst die überschießenden Kosten sind mit höchsten Prozentsatz des steuerbaren Einkommens als zumutbar anzusetzen.“ Die Prozentsätze – zwischen einem und sieben Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte – entsprechen der Annahme, dass Bürger mit einem höheren Gesamtbetrag der Einkünfte leistungsfähiger und damit entsprechend belastbarer sind. Unterschiede macht der Fiskus auch nach Familienstand und Kinderanzahl.
Kommentierung der BFH-Rechtsprechung (Quelle: www.haufe.de)
Löwenanteil Gesundheitskosten
Brille, Rollstuhl, Hörgerät
Laut Wikipedia zählen zu den in Paragraf 33 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelten außergewöhnlichen Belastungen vornehmlich Krankheitskosten: Arztkosten, soweit sie nicht von der Krankenkasse übernommen werden; Fahrtkosten zu Ärzten und Therapien; Zuzahlungen auf Medikamente; Beerdigungskosten eines nahen Verwandten, wenn das Erbe nicht ausreicht, die Kosten zu decken; Pflegekosten oder Pflegeheimkosten für die Eltern, soweit sie nicht durch Leistungen einer gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung gedeckt sind; Fahrtkosten für den amts- oder vertrauensärztlich empfohlenen Besuch der Anonymen Alkoholiker, dazu unter bestimmten Umständen eine Ayurveda-Behandlung sowie Augenoperationen, die eine Fehlsichtigkeit korrigieren – also alle Augen-Laser-Operationen. Dazu kommen Hilfsmittel wie Brille, Rollstuhl, Hörgerät oder die kostspieligen dritten Zähne. Auch Vorsorgemaßnahmen und begleitende Therapien wie Krankengymnastik, Yoga oder Osteopathie gehören in der Regel zu den anerkannten Belastungen.
Strenge Formvorschriften
Meist ärztliche Verordnung notwendig
Um vom Fiskus Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Paragrafen 33 EStG anerkannt zu bekommen muss man sich den strenge Nachweispflichten unterwerfen, klärt Adolph auf. Das ergebe sich aus der geltenden Durchführungsverordnung, „welche die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall voraussetzt.“ Das gelinge beispielsweise durch die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel. Manchmal sei auch eine vorherige Begutachtung durch den zuständigen Amtsarzt oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen notwendig. Speziell bei hohen Pflegekosten sei das oft vorteilhaft.