Mediziner sind keine schlechten Unternehmer. Zumindest hat das Einkommen der niedergelassenen Ärzte trotz steigender Betriebskosten in den Jahren von 2013 bis 2016 stabil zugenommen. Das zeigt das Praxis-Panel zur wirtschaftlichen Lage der Arztpraxen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), das Ende Juni veröffentlicht wurde. Demnach stiegen die Überschüsse der Praxen in diesem Zeitraum wie das Zentralinstitut in seiner Presseerklärung schreibt, „unter Berücksichtigung der Inflationsrate um durchschnittlich 5,3 Prozent pro Jahr an.“ Das sei wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, um ein Drittel mehr als die Tariflöhne in dieser Periode zugelegt haben. Diese haben im gleichen Zeitraum im Jahresmittel um 4 Prozent zugelegt. Über alle Fachgebiete hinweg belief sich im Schnitt der Überschuss pro Praxis auf 170.400 Euro vor Steuer und Sozialversicherung. „Den Großteil haben die kassenärztlichen Leistungen beigetragen“, sagt Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de. „Die aus der GKV erzielten Einnahmen stiegen von 74,1 Prozent von 2013 bis 2016 auf 75,8 Prozent im Jahr.“ Wie der Kassenexperte anmerkt, haben die Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) somit noch mehr Bedeutung für die niedergelassenen Ärzte.
Solide Datenerfassung
Jede 20. Praxis muss ihre steuerlichen Überschüsse angeben
Das Zi-Praxis-Panel erfasst 5519 Praxen aller Fachrichtungen inklusive der Psychotherapie. Wie Adolph die Datenerhebung erläutert, erfasst das Zentralinstitut seit 2010 die Wirtschaftslage und die Versorgungsstrukturen von niedergelassenen Medizinern. Dabei würden sowohl die Einnahmen aus kassenärztlicher als auch aus privatärztlicher Tätigkeit berücksichtigt. Die Basis bildet die steuerliche Überschussrechnung der Unternehmen, die rund 5,5 Prozent der Grundgesamtheit von 99.532 Praxen (2016) darstellten. Die Daten werden einmal jährlich im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen erhoben. Für die hohe Validität der erhobenen Daten sorgt, dass alle Angaben der Ärzte und Psychotherapeuten von einem Steuerberater testiert werden müssen. Wie der Kassenexperte anfügt, entsprechen die Kassen damit ihrer Pflicht, die Entwicklung der Betriebs- und Investitionskosten zu verfolgen- Adolph: „Das ist Grundlage für die jährliche Anpassung des Orientierungswertes und damit der Preise ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen.“
Trotzdem Nachwuchssorgen
Lange Arbeitstage und starke Beanspruchung
Ein gesichertes Einkommen verliert aber besonders für jungen Ärzte an Zugkraft. „Angestellte Ärzte arbeiten häufig deutlich weniger als selbständige Ärzte“, erklärt Adolph. „Während niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten 2016 im Schnitt 48 Wochenstunden arbeiten, sind es bei ihnen nur 23 Stunden pro Woche.“ Dem Zi-Praxis-Panel zufolge habe jeder zweite Angestellte nur zwischen fünf und 20 Wochenstunden vereinbart gehabt. Entsprechend warnte der Dr. Andreas Gassen bei der Vorstellung des bisher noch nicht online gestellten ZiPP-Jahresberichts 2017. „Ärztliche Arbeitszeit ist ein immer knapper werdendes Gut. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sieht darin eine große Gefahr, da „immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte bereit sind, sich selbständig niederzulassen statt eine Anstellung zu suchen.“ Laut KBV waren im 2007 etwa 5.600 Ärzte in der vertragsärztlichen Versorgung angestellt, zehn Jahre später mit 31.477 fast sechs Mal so viele. Gassen: „Je mehr Teilzeit zur Regel wird, umso stärker nimmt die zur ambulanten medizinischen Versorgung verfügbare ärztliche Arbeitszeit ab.“ Die verfügbare Arztzeit pro Jahr zählt eine Uhr auf der Website www.kbv.de herunter“, erklärt Kassenexperte Adolph. Man könne dem Schwund Minute für Minute zusehen. Das gleiche Thema behandelt auch das Magazin Klartext der KBV. Gassen forderte die Politik auf, sich klar zur ambulanten Versorgung zu bekennen: „Die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis mit hohem wirtschaftlichem Risiko müssen mindestens genauso gut sein wie in der sicheren Anstellung in anderen medizinischen Versorgungsbereichen.“
Betriebskosten steigen unaufhörlich
Praxisinhaber steuern gegen
Das Zi-Praxis-Panel dient aber auch der unternehmerischen Optimierung. Jeder Teilnehmer erhält einen Praxisbericht, der die individuellen Ergebnisse mit denen im Fachbericht vergleicht. So werden beispielsweise die Einnahmen aus GKV- sowie Privat- Abrechnungen, dazu solche über Berufsgenossenschaften, Unfallversicherungen und Weitere unterschieden und grafisch dargestellt. Gleiches gilt für Patientenstruktur, Abrechnungspositionen und Praxismanagement. Die in den Überschüssen bereits berücksichtigten Nebenkosten haben zugenommen. In den erfassten drei Jahren stiegen die Betriebskosten um 9,9 Prozent. Für angestelltes Personal mussten 18,4 Prozent mehr ausgegeben werden, für die Mieten 3,8 Prozent. Die technische Ausrüstung hat etwas gelitten. Darauf weisen um 12,3 Prozent gesunkenen Abschreibungen und um 18,6 Prozent gestiegene Wartungs- und Instandhaltungskosten hin. Demnach werden ältere vorhandene Geräte länger als bisher genutzt und nicht so schnell wie früher durch moderneres Inventar ersetzt.
Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 25. Juni 2019 (Quelle: www.faz.net)