April, April – gratis war gestern! Mit dieser Begrüßung in ihrer Apotheke haben viele Mitglieder der gesetzlichen Kassen nicht gerechnet. Seit dem 1. April gelten neue Festbeträge für bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel. Daher müssen zahlreiche Patienten fünf bis zehn Euro für ein einzelnes Medikament bezahlen, das sie bisher kostenfrei erhalten haben. „Die Ursache besteht darin, dass die Kassen ihre Festbeträge zu diesem Termin angepasst haben“, erläutert Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de den Sachverhalt. „Festbeträge sind das Maximum, bis zu dem die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen.“ Diese Erstattungsgrenzen gelten dem Krankenkassen-Experten zufolge jeweils für eine Gruppe von Arzneimittel, die einander pharmakologisch und therapeutisch im Großen und Ganzen ähneln. Durch die Absenkung wollen sich die Kassen jährlich bis zu 105 Millionen Euro sparen. Wie das Deutsche Ärzteblatt bereits im September 2017 feststellte, sparen die Krankenkassen durch Arzneimittel-Festbeträge pro Jahr rund 7,8 Milliarden Euro. Darauf hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) anlässlich seiner Jahresbilanz hingewiesen.
Patienten und Apotheker als Prellbock
Tauziehen zwischen Politik und Pharma-Herstellern
Auf die Apotheken kommt zusätzlicher Beratungsaufwand zu, da Adolph zufolge „die wenigsten Kunden die plötzlich verlangten Zuzahlungen von sich aus verstehen können.“ Zusätzlich entstehen bei großen Apotheken oder Beliefern möglicherweise Verluste im Lagerwert zu, falls die Hersteller ihre Preise parallel zu den neuen Festbeträgen absenken. Darin aber sieht der Kassenexperte den einzigen Ausweg, um eine Zuzahlungspflicht zu verhindern. Der Hamburger Apothekerverein hat per Mitgliederrundschreiben auf diese Zwickmühle aufmerksam gemacht. Laut Deutscher Apothekerzeitung gehören zu den betroffenen Arzneimitteln Präparate mit den Wirkstoffen Buprenorphin, starke Schmerzmittel wie Fentanyl, Morphin und Oxycodon. Andere von Ärzten häufig verordnete Substanzen sind beispielsweise der Entzündungshemmer Prednisolon oder der Blutverdünner Clopidogrel und das Rheumamittel Infliximab. "Wenn jemand zwei oder drei dieser Medikamente häufiger braucht, dann merkt er das schon am Geldbeutel", befürchtet der Apotheker Christian Machon, der im Vorstand der bayerischen Landesapothekerkammer aktiv ist. In einem Beitrag auf www.infranken.de weist er darauf hin, dass Patienten sich in den letzten Jahren wohl oder übel darauf einstellen mussten, dass die Krankenkassen im Zuge der Rabattverträge die Abgaberichtlinien von Medikamenten häufig geändert hätten. Als notwendige Folge habe sich ergeben, dass „gewohnte Medikamente plötzlich unter einem anderen Namen, in einer anderen Darreichungsform oder zu einem anderen Preis daherkommen“.
Einsparungen durch Festbeträge (Quelle: www.aerzteblatt.de)
Patienten müssen in der Apotheke mehr zuzahlen (Quelle: www.deutsche-apotheker-zeitung.de)
Bericht über Zuzahlungen (Quelle: www.infranken.de)
Siehe auch:
Mit mehr Zuzahlungen ist es nicht genug - Kassenpatienten müssen sich auch anderswo umstellen