Ab Januar 2018 gilt ein neues Verfahren zur Berechnung des Krankenkassen-Beitrags für freiwillig versicherte Selbstständige. Es beruht wie bisher auf dem letzten vorliegenden Steuerbescheid, ist aber anders als früher nur vorläufig. Künftig setzt die Krankenkasse den tatsächlich zu zahlenden Betrag erst fest, wenn der Einkommenssteuerbescheid für ein bestimmtes Kalenderjahr vorliegt. Das neue Verfahren ist Teil des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG), den der Bundestag schon am 17. Februar 2017 beschlossen hatte. Die Beitragsberechnung soll dadurch optimiert werden. Grundsätzlich könnten Selbstständige davon sowohl profitieren wie leiden, denn sowohl Erstattungen wie Nachforderungen sind möglich. „Praktisch aber haben Berufsstarter und kleine Selbstständige mit der Ungewissheit über ihre finanzielle Belastung zu kämpfen“, sagt Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de. „Selbst der Spitzenverband der Krankenkassen hat sich im Vorfeld deutlich gegen die Neuregelung ausgesprochen.“ Dort heiße es wörtlich: „Die vorgesehenen Regelungen sind aus Sicht der GKV ungeeignet, die Zielsetzung einer höheren Akzeptanz der Beitragsbemessung bei den Betroffenen zu erreichen; die Regelungen werden daher abgelehnt.
Unsicherheiten und Zeitverzug
Kassen und Kleinunternehmer belastet
Die neue Beitragsregelung schafft Härten für gesetzlich krankenversicherte Selbstständige warnt auch der Interessensverband der Gründer und Selbstständigen Deutschlands. Auf viele der knapp 2,2 Millionen Selbstständigen in der gesetzlichen Krankenversicherung kämen erhebliche finanzielle Nachteile zu. Vor allem für Teilzeit-Selbstständige mit geringem Einkommen entstünden untragbare Risiken. Der Hintergrund: „Schon ohne seine Relevanz für den Krankenkassenbeitrag ist der Steuerbescheid gerade in der Startphase kaum kalkulierbar“, sagt der Kassenexperte. Wer sich selbstständig mache, habe andere Probleme im Fokus und sei selten ein Steuerexperte. Trotzdem könne eine Betriebsausgabe, die das Finanzamt nicht anerkennt, den Finanzplan durcheinander werfen, da dann nicht nur die Beiträge für das konkrete Jahr nach oben angepasst werden, sondern auch die vorläufigen Beiträge für die bis zu drei Folgejahre. Adolph: „Das wird in einem eingespielten Betrieb mit fixen Kunden sicher beherrschbar sein, nicht aber in einer kleinen Firma im Aufbau mit geringem Finanzpuffer für Sonstiges.“ Der Kassenexperte nennt als positives Beispiel: Eine vorteilhafte Auswirkung sei auch bei stark schwankenden Einkommen gegeben. Adolph: „Wenn tatsächlich die monatlich fälligen Beiträge schnell und einkommensbezogen berechnet werden, hat ein außergewöhnlich gutes Vorjahr keine übermäßige Belastung zur Folge.“
Steuererklärungen im Galopp
Risikobegrenzung durch enges Zeitkorsett
Wer so schnell wie möglich einen gültigen Steuerbescheid hat, verringert also sein Kalkulationsrisiko. „Selbstständige haben bei den Kassen eine Bringschuld“, sagt Adolph. „Wer es versäumt, den Bescheid spätestens drei Jahre später einzureichen, muss rückwirkend den Höchstbeitrag zahlen.“ Der Kassenexperte weist darauf hin, dass es nicht auf den Erhalt des Steuerbescheids ankommt, sondern dass die 36-Monatsfrist bereits mit dem 1. Januar des Folgejahrs beginnt. Adolph: „Wenn man bedenkt, dass ein Selbstständiger, der von einem Steuerberater betreut wird, seine Erklärung auch spätestens erst am 28.Februar des zweiten auf das Steuerjahr folgenden Jahres abgeben muss, ist die Schonfrist für viele nur halb solange.“ Diese Regelung gelte erstmals für die Steuererklärung 2017 und dem Abgabetermin 28. Februar 2019.
Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Quelle: www.vgsd.de)
Stellungnahme des Spitzenverbands der Krankenkassen zum HHVG (Quelle: www.bundestag.de)
Neue Beitragsregelung schafft Härten für gesetzlich krankenversicherte Selbstständige (Quelle: www.vgsd.de)