Zusammen mit dem im September vorgestellten MLP Gesundheitsreport 2016 sorgt der soeben publizierte TK Meinungspuls Gesundheit 2017 für eine klare Einschätzung der Beliebtheit des deutschen Kassensystems. Für den Ende April in Berlin vorgestellten Meinungspuls 2017 hat das Meinungsforschungs-Institut Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH 2 000 Erwachsene repräsentativ befragt. Der seit 2006 erstellte MLP Report basiert auf einer ähnlichen breiten Basis, das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) erfasst aber zusätzlich die Aussagen von 512 niedergelassenen oder im Krankenhaus tätigen Medizinern. Dem neunten MLP Report zufolge sind 93 Prozent der Ärzte und 82 Prozent der Bevölkerung mit dem heutigen Gesundheitswesen weiterhin zufrieden. Mit der Gesundheitspolitik sind potenzielle Patienten nur zu 40 Prozent zufrieden, die Ärzteschaft lehnt sie überwiegend (62 Prozent) ab. Ärzte und Patienten sind jedoch skeptisch, ob der hohe Versorgungsstandard auch in Zukunft gehalten werden kann.
Vereinzelte Kritikpunkte angesprochen
Wartezeiten und flächendeckende Versorgung
Kritische Töne werden vor allem von Seiten der Ärzteschaft laut. 62 Prozent der Mediziner gehen laut MLP Gesundheitsreport 2016 von einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung in den nächsten Jahren aus, vor allem auf dem Land (91 Prozent). Hier seigt der TK Meinungspuls vor allem im Osten die Sorge vor einem Spezialistenmangel. Zudem fürchten 42 Prozent die Folgen der Krankenhausreform: Vor allem kleinere Häuser müssten mit unterdurchschnittlichen Einstufungen durch das neue Qualitätsinstitut und deshalb mit Budgetkürzungen rechnen. In beiden Studien beklagt jeder zweite Patient sich sich über lange Wartezeiten, die Mehrheit sieht daher Terminvergabestellen positiv. Niedergelassene Ärzte lehnen sie dagegen überwiegend ab. Im MLP-Report fürchten 81 Prozent steigende Kassenbeiträge und 67 Prozent eine zunehmende Zwei-Klassen-Medizin. Das unterstreicht das kritische Urteil über die optimale Versorgung: 62 Prozent der Ärzte stellen der Politik ein schlechtes Zeugnis aus. 45 Prozent der Krankenhausärzte berichten, aus Budgetgründen schon einmal auf medizinisch angeratene Behandlungen verzichtet haben zu müssen. Das ist deren Gegenüber nicht entgangen. 40 Prozent der Arztkunden hatten bereits das Gefühl, dass ihnen Behandlungen oder Medikamente wegen der Kosten vorenthalten worden seien.
Kein Bedarf nach Bürgerversicherung
TK-Meinungspuls zeigt keine Impulse
So unterschiedlich die beiden Meinungsbilder ausfallen, ein starker Wunsch nach einer Bürger-Krankenversicherung ist aus keinem der beiden Marktforschungs-Ergebnisse abzulesen. Im Fall der TK-Studie könne man dies weder aus den zwölf Prozent ablesen, die eine radikale Systemumstellung fordern, sagte TK-Marktforscher Peter Wendt am Rande der Pressekonferenz dem VersicherungsJournal. Auch die 83 Prozent der Befragten, die für das Solidarprinzip eintreten, seien kein Indiz für einen entsprechenden Bedarf.
So zufrieden sind die Deutschen mit dem Gesundheitssystem (Quelle: www.versicherungsjournal.de)
Positive Rolle der Krankenkassen
TK-Meinungspuls zeichnet ein klares Bild
Keinen Zweifel lassen die Marktforscher allerdings an der Rolle der Krankenkassen. Sie wird überwiegend positiv beurteilt, wie der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse bei der Präsentation der Ergebnisse erfreut mitteilte: „Die Befragten sehen uns, die Krankenkassen, dabei in einer wichtigen Rolle“, erklärt Dr. Jens Baas. „Zum einen unterliegen wir sehr strengen gesetzlichen Auflagen, und zum anderen ist der Unternehmenszweck gesetzlicher Krankenkassen nicht die Gewinnerzielung. Das unterscheidet Krankenkassen von profitorientierten Wirtschaftsunternehmen, die zwar als Partner unverzichtbar sind, von denen wir uns aber nicht zu sehr abhängig machen sollten.“
Die positive Einschätzung der wichtigen Rolle der Krankenkassen im Wettbewerb sei eine gute Grundlage, mit den Herausforderungen an das deutsche Gesundheitswesen umzugehen. Das sichert die Zusammenarbeit: Der Mehrheit sind die Leistungen wichtiger als die Kosten, auf den Inhalt kommt es an. 58 Prozent der Befragten würden höhere Beiträge und Zuzahlungen akzeptieren, um den aktuellen Leistungsumfang zu behalten. Nur 27 Prozent würden einen geringeren Leistungsumfang in Kauf nehmen.