Der aus Experten des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesversicherungsamtes und des GKV- Spitzenverbandes bestehende Schätzerkreis hält eine allgemeine Erhöhung der Zusatzbeiträge für unnötig.
Am 1. November 2016 wurde es amtlich, der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz bleibt unverändert bei 1,1 Prozent. Mit der nach Paragraf 242a Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs V bis zu diesem Termin vorgeschriebenen Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist das Bundesministerium für Gesundheit wie erwartet dem Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt gefolgt. Dieser hatte auf seiner Sitzung vom 12. und 13. Oktober 2016 eine Anhebung dieser individuell zu tragenden Mehrbelastung der Mitglieder angesichts der aktuellen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen nicht für zwingend erklärt.
Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit zu den Krankenkassen-Beiträgen 2017
Vorschrift im Sozialgesetzbuch zu Veröffentlichungspflicht
Abschlussbericht des Schätzerkreises für 2017
Für das kommende Jahr rechnen die Schätzer mit Einnahmen von 214,75 Milliarden Euro und Ausgaben der Krankenkassen von 229,14 Milliarden Euro. Die Finanzreserven der einzelnen Anbieter von zusammen derzeit rund 15 Milliarden Euro spielen dabei keine Rolle, da sie zumindest teilweise Spielräume eröffnen, den kassenindividuellen Zusatzbeitrag zu variieren.
Abschlussbericht des Schätzerkreises für 2017
Stabiler Zusatzbeitrag nivelliert Anbietervielfalt
„So erfreulich die Stabilität im Zusatzbeitrag ist, so zweispältig sind deren langfristige Auswirkungen zu betrachten“, sagt Thomas Adolph vom führenden Vergleichsportal www.gesetzlichekrankenkassen.de. „Je knapper die Ausgaben zu decken sind, umso schwieriger ist eine Differenzierung im Markt.“ Der Experte erwartet daher einen verstärkten Trend zur Konsolidierung in der Branche. „Die Anbieter werden dazu gezwungen, ein zusätzliches Leistungsangebot zu beschneiden oder durch einen höheren Zusatzbeitrag abzufangen“, sagt er. Gerade die Reduzierung von freiwilligen Mehrleistungen ist in den letzten 12 Monaten deutlich zu bemerken, dies zeigen die umfangreichen Auswertungen der Krankenkassenspezialisten. "Schade, dass der in den Vergangenheit deutlich gesteigerte Wettbewerb um bestmögliche Versorgung nun zurückgeht - denn ein möglichst guter Krankenversicherungsschutz sollte nicht an einem Zehntelchen Mehrbeitrag scheitern", bedauert Adolph.
Auch die Basis der Schätzungen ist nicht unumstritten. Zwar begrüßte der Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, das Ergebnis. Er warnte aber vor einer trügerischen Stabilität in der Finanzsituation der GKV. Denn: „2017 werden die finanziellen Auswirkungen der gesundheitspolitischen Reformen wirksam. Allein die Krankenhäuser erhalten nächstes Jahr Milliarden Euro mehr“, sagt er. Die Politik sieht das offenbar anders: So betonte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei der Bekanntgabe des Beitragssatzes nicht nur, „dass die Gesetzliche Krankenversicherung finanziell auf einem sicheren Fundament“ stehe, sondern; „ dass der Alarmismus, mit dem noch vor kurzem deutliche Anstiege des Zusatzbeitrags im Jahr 2017 an die Wand gemalt wurden, völlig unangemessen war.“
Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit zu den Krankenkassen-Beiträgen 2017
Die realen Zusatzbeiträge klaffen bereits heute weit auseinander
Den individuellen Zusatzbeitragssatz legt jede Krankenkasse selbst fest. „Er zeigt aber nach zahlreichen politischen Eingriffe in den Wettbewerb zunehmend weniger an, wie wirtschaftlich eine Krankenkasse arbeitet oder über welche Finanzreserven sie verfügt“, sagt der Kassenvergleichsexperte Thomas Adolph. „Entscheidend sind neben den Zusatzleistungen die Zuführungen aus dem Risikostrukturausgleich.“ (bitte verlinken) Von derzeit 117 Krankenkassen verlange nur eine keinen Zusatzbeitrag, die anderen 116 zwischen 0,3 und 1,9 Prozent. „Verlangt eine Kasse mehr als der Durchschnitt an Zusatzbeitrag, muss sie ihre Mitglieder auf die Möglichkeit hinweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln“, erklärt Adolph den vorgeschriebenen Marktmechanismus. Das Schreiben müsse zudem auf die Übersicht des GKV-Spitzenverbands im Internet hinweisen, die auflistet, welche Anbieter welchen kassenindividuellen Beitrag erheben.